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30.08.2024

Kabinett beschließt Waffenrechtsverschärfung

Bundesregierung stellt sogenanntes Sicherheitspaket vor

Gestern hat die Bundesregierung das sogenannte Sicherheitspaket vorgestellt, das – neben der Bekämpfung irregulärer Migration und des Islamismus durch verschärfte Asyl-, Rückführungs- und Überwachungsregelungen – auch eine Verschärfung des Waffenrechts enthält.
Nach dem Anschlag in Solingen erleben wir es damit wieder einmal, dass das Waffenrecht anlassbezogen und überhastet verschärft wird. Zwar enthält das Sicherheitspaket nichts von den bekanntgewordenen Plänen zum Verbot von sogenannten „kriegswaffenähnlichen“ Halbautomaten, einer medizinisch-psychologischen Untersuchung für alle Erstantragsteller sowie Verschärfungen im Bereich von SRS-Waffen und Armbrüsten, der Überprüfung beim Gastschießen oder ein allgemeines Führverbot von Messern über 6 cm Klingenlänge, doch es bleibt abzuwarten wie der Gesetzentwurf zu den nun beschlossenen Maßnahmen aussehen wird: Einiges davon ist zumindest nicht neu, sondern war bereits im inoffiziell bekanntgewordenen Referentenentwurf im Januar 2023 enthalten.

Welche Pläne gibt es?
Verbot von Springmessern
Der Umgang mit „gefährlichen“ Springmessern sollen generell verboten werden. Die bisher bestehenden Ausnahmen in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 WaffG, wonach das Verbot nicht gilt, wenn die Klinge seitlich aus dem Griff herausspringt und der aus dem Griff herausragende Teil der Klinge höchstens 8,5 cm lang und nicht zweiseitig geschliffen ist, wird damit voraussichtlich gestrichen.
Ein solches Verbot ist in unseren Augen vollkommen wirkungslos und eine Kriminalisierung rechtschaffener Bürger, da diese Messer als Einhandmesser gemäß §42a WaffG ohnehin nicht geführt werden dürfen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Referentenentwurf hier nicht nur eine entsprechende Amnestie zur Abgabe, sondern auch Altbesitz- und Übergangsregelungen sowie Entschädigungsregelungen insbesondere auch für Hersteller und Händler solcher Messer enthalten wird. Zwar soll es bei berechtigtem Interesse Ausnahmen geben, wie diese umgesetzt werden sollen, wird jedoch zu prüfen sein.

Individuelle Waffenverbote
Die Regelungen des § 41 WaffG sollen verschärft werden, indem besser klargestellt wird, wann eine Person keine Waffe besitzen darf. Dies ist prinzipiell zu begrüßen, insbesondere dann, wenn die Waffenbehörden damit mit entsprechenden Anleitungen versehen werden. Jedoch hätte dazu auch die seit 2012 nicht angepasste Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) aktualisiert werden können. Wir fordern die Bundesregierung an dieser Stelle bereits jetzt dazu auf, die WaffVwV nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses unverzüglich anzupassen.

Messerverbot bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen
Auf Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen soll zukünftig ein absolutes Messerverbot gelten. Dazu wird § 42 Abs. 1 WaffG entsprechend geändert. Damit wird ein bundesweites Messerverbot geschaffen, sodass eine Ermächtigung über die Landesregierungen überflüssig wird.
Wie ein solches Verbot umgesetzt werden soll und welche begründeten Ausnahmen – beispielsweise entsprechend des Veranstaltungszwecks bzw. in der Gastronomie – vorgesehen sein werden, wird der VDB im Referentenentwurf genau prüfen. Denn für Jagd-, Waffen- oder Sammlermessen wird es Ausnahmen geben müssen, ansonsten werden Aussteller wirtschaftlich eingeschränkt, die beispielsweise auf Messen oder Märkten Messer verkaufen. Dies betrifft auch jeden Haushaltswarenstand auf Volksfesten, insbesondere aber Veranstaltungen wir den „Tag des Messers“ in Solingen oder die „Knife“.
Ein solches Verbot halten wir für nicht geeignet, um Anschläge wie in Solingen zu verhindern. Denn Gewalttäter werden sich nicht an diese Regelungen halten, sodass sie abermals nur rechtschaffene Bürger und Händler dieser Produkte treffen werden.

Absolute Messerverbote an kriminalitätsbelasteten Orten
Die Länder sollen ermächtigt werden, absolute Messerverbote an bestimmten öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen mit hoher Kriminalitätsdichte – darunter z.B. an Bahnhöfen – einzuführen.
Wir sehen es kritisch, diese Verbotszonen überhaupt um- und durchzusetzen und vor allem entsprechend zu kontrollieren. Auch hier ist davon auszugehen, dass solche Verbotszonen Anschläge nicht verhindern werden. Es wird zu prüfen sein, welche Ausnahmen bei berechtigtem Interesse – und diese beginnt bereits bei der Gastronomie vor Ort – und beim Vorliegen einer waffenrechtlichen Erlaubnis vorgesehen sein werden und wie diese dann in der Praxis bürgernah und unbürokratisch umgesetzt werden. Solche Zonen dürfen nicht dazu führen, dass Händler ihre Waren hier nicht mehr verkaufen können und rechtschaffene Bürger eine Ordnungswidrigkeit begehen, weil sie messerähnliche Gegenstände – wie Nagelknipser – mitführen.  

Messerverbote im öffentlichen Personenverkehr
Neben den Bahnhöfen soll auch im Fernverkehr ein allgemeines Messerverbot gelten. Auch hier bleibt abzuwarten, inwieweit es Ausnahmen bei berechtigtem Interesse, beispielsweise für Handwerker oder für den Transport gekaufter Messer mit der Bahn, sowie für waffenrechtliche Erlaubnisinhaber geben wird.
Wir halten dieses Verbot weder für verhältnismäßig noch für wirkungsvoll. Beim Anschlag in Brokstedt erwarb der Täter vor der Fahrt ein Küchenmesser mit über 12 cm langen Klinge, das also jetzt bereits unter das Führverbot fiel. Das Verbot hielt ihn also nicht auf, genauso wie das allgemeine Verbot ihn nicht aufgehalten hätte. Hier wird abermals eine Regelung eingeführt, die nichts zur inneren Sicherheit beiträgt, sondern lediglich zu mehr Bürokratie und Einschränkungen für rechtstreue Bürger führen wird.

Erweiterte Kontrollbefugnisse
Um die Umsetzung der neuen Maßnahmen überhaupt zu ermöglichen, sollen erweiterte Kontrollbefugnisse für die Länder für die genannten Waffenverbotszonen eingeführt werden. Durch Änderung des Bundespolizeigesetzes (BPolG) soll die Bundespolizei die Befugnis erhalten, stichprobenartig verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen. Aktuell ist dies nur bei tatsächlichen Anhaltspunkten möglich.
Es wird zu prüfen sein, inwieweit diese Kontrollen bei der aktuellen Personalsituation überhaupt durchsetzbar sein werden. Auch wird zu prüfen sein, inwieweit hier Grundrechte unnötig eingeschränkt werden.

Erweiterte Abfragen
Eine bereits bekannte Maßnahme in Form einer erweiterten Abfrage bei der waffenrechtlichen Personenüberprüfung soll kommen, indem §5 WaffG und §6 WaffG geändert werden. Zukünftig werden in die Überprüfungen auch die Bundespolizei (BPol), das Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt (ZKA) sowie die zuständigen Polizeibehörden aufgenommen, in deren Zuständigkeitsbereich die Person in den vergangenen zehn Jahren gewohnt hat..
Es wird bezweifelt, dass diese Stellen wichtige Erkenntnisse liefern werden. Vor allem muss bei einem solchen Verfahren sichergestellt sein, dass die Übermittlung digital erfolgt und die Waffenbehörden wirklich mit wichtigen und begründeten Erkenntnissen versorgt werden. Wenn – wie bei der Abfrage beim Verfassungsschutz – Erkenntnisse aufgrund von anderen Sachverhalten zurückgehalten oder ohne Begründung geliefert werden, dann wird diese Maßnahme das gewünschte Ziel nicht erreichen. Zudem darf sie nicht zu einer Verzögerung der Anträge führen, daher muss sichergestellt sein, dass eine digitale Übermittlung vor Inkrafttreten des Gesetzes gewährleistet ist.
Gleichzeitig wird die Nachberichtspflicht auf Polizeibehörden erweitert, sodass diese die örtlich zuständigen Waffenbehörden über zuverlässigkeitsrelevante Tatsachen unterrichten müssen. Hier wird es auf die Formulierung im Referentenentwurf ankommen, ob dies nur für die örtlich zuständige Polizeibehörde oder für alle Polizeibehörden in Deutschland gelten soll. Denn wenn Erkenntnisse – wie im Fall Hamburg – aufgrund von Landesgrenzen nicht weitergegeben werden, dann ist diese Maßnahme nicht zielführend. Nur wenn die Waffenbehörde zu jeder Zeit und aus jedem Bundesland die nötigen Informationen begründet erhält, ist eine schnelle und effektive Entwaffnung von Extremisten und Straftätern überhaupt möglich.

Sicherstellung verbessern
Sollte der Verdacht bestehen, dass jemand nicht zuverlässig oder persönlich geeignet ist, soll schneller die Möglichkeit bestehen, Waffen sicherzustellen. Wie die Umsetzung im Referentenentwurf erfolgt, bleibt abzuwarten. Denn sie darf nicht dazu führen, dass beim kleinsten Verstoß direkt alle Waffen sichergestellt werden. Auf jeden Fall ist zu verhindern, dass Waffen innerhalb der Sicherstellung auch direkt vernichtet werden, wie es in Schleswig-Holstein geschehen ist. Hier muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Art der Verstöße genau betrachtet werden.  

Absolute Unzuverlässigkeitsgründe
Die absoluten Unzuverlässigkeitsgründe im Waffengesetz und im Sprengstoffgesetz sollen durch einen Straftatenkatalog erweitert werden, der insbesondere staatsgefährdende Straftaten beinhaltet. So soll verhindert werden, dass Personen, die wegen einer staatsgefährdenden oder extremistischen Straftat rechtskräftig verurteilt wurden, Zugang zu Waffen und Sprengstoff haben.
Generell ist es natürlich zu begrüßen, dass wegen einer staatsgefährdenden oder extremistischen Straftat rechtskräftig verurteilte Personen keinen Zugang zu Waffen haben sollen. Jedoch werden wir hier den Referentenentwurf genau prüfen, welche Straftaten genannt sind. Generell wäre es jedoch bereits jetzt möglich, die Erlaubnisse bei einer Verurteilung zu mehr als 60 Tagessätzen zu entziehen.

Anordnung des persönlichen Erscheinens
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens wird erleichtert, indem sich Anhaltspunkte auch aus Schriftverkehr oder Telefonaten der betroffenen Person mit der Waffenbehörde ergeben können. Dies dürfte eine Antwort auf den Anschlag in Hamburg sein. Hamburg lässt jedoch bezweifeln, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens in der Waffenbehörde eine praktikable Maßnahme ist, denn der persönliche Kontakt hat hier bei der Aufbewahrungskontrolle stattgefunden.

Recherche durch Waffenbehörden
Es soll klargestellt werden, dass die Waffenbehörden in öffentlich zugänglichen Quellen (Internet) Recherchen anstellen dürfen. Hier werden in unseren Augen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden und Polizeien auf die Waffenbehörden übertragen. Wir stellen infrage, ob in allen Waffenbehörden die nötige fachliche Qualifikation vorliegt, die zur Einordnung etwaiger Ergebnisse befähigt. Diese Maßnahme darf zudem nicht zu einer Verlängerung der Anträge führen, indem weitreichende Recherchen erwartet werden. Eine solche Recherche darf zudem nur dann erfolgen, wenn tatsächliche Anhaltspunkt vorliegen. 

Abfrage bei Jagdscheininhabern nur noch durch Waffenbehörde
Die waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfungen sollen auch bei Erteilung eines Jagdscheins bei den Waffenbehörden konzentriert werden, indem § 44 WaffG geändert wird. Eine doppelte Überprüfung entfällt damit, was eine Entlastung der Behörden darstellt.

Wie geht es weiter?
Die Maßnahmen müssen nun in einem Referentenentwurf umgesetzt werden. Erst mit der Vorlage eines solchen Referentenentwurf werden die Auswirkungen deutlicher sichtbar werden. Im Rahmen der Verbändeanhörung wird auch der VDB beteiligt werden und seine Positionen einbringen können.