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17.09.2024

Stellungnahme des VDB zur geplanten Waffenrechtsverschärfung 2024

In der vergangenen Woche erhielten wir den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems, der auch umfassende Änderungen im Waffenrecht beinhaltet. Dieses Gesetzesvorhaben ist eine Reaktion auf die jüngsten islamistischen Anschläge, die bundesweit für Bestürzung gesorgt haben. Wie angekündigt, hat der VDB den Entwurf von seinen Anwälten ausführlich prüfen lassen – mit alarmierendem Ergebnis.

Der Entwurf sieht gravierende Eingriffe in die verfassungsmäßig geschützten Rechte von Waffenbesitzern vor, kriminalisiert harmloses Alltagsverhalten und enteignet Messerbesitzer entschädigungslos. So sollen Waffenbehörden künftig die Äußerungen von Erlaubnisinhabern und Antragstellern im Internet und in sozialen Medien überwachen, um daraus Rückschlüsse auf deren Zuverlässigkeit und Eignung zu ziehen. Zudem erhalten die Behörden neue Befugnisse zur Durchführung von Hausdurchsuchungen nach Urkunden, Waffen und Munition. Ebenso angestrebt wird die Einführung anlassloser, aber ebenso zielloser, da zufällig durchgeführter, Personenkontrollen sowie weitreichende Waffenverbote, die in großen Teilen des öffentlichen Raums und im öffentlichen Nahverkehr das Tragen von Selbstschutzmitteln wie Abwehrsprays und selbst kleinster Alltagsmesser verbieten würden. Die wenigen Springmesser, die durch bisherige Ausnahmeregelungen aufgrund ihrer Ungeeignetheit als Waffe noch frei erworben werden durften, sollen zukünftig gänzlich verboten werden. Die Besitzer solcher Messer sollen sie entschädigungslos zur Vernichtung abgeben.

Wenn Sie sich gegen die geplante Gesetzesverschärfung einsetzen wollen, zeichnen Sie folgende Petition mit und versenden Sie bequem über unseren Briefgenerator individualisierte Beschwerdebriefe an die Verantwortlichen in Berlin.

Unsere Stellungnahme wird in Kürze an alle Mitglieder des Innenausschusses sowie an relevante politische Entscheidungsträger versandt. Im Folgenden finden Sie das Vorwort unserer Stellungnahme. Das vollständige Dokument können Sie hier abrufen.

In der Bundesrepublik Deutschland nimmt die Anzahl der von islamistischen Tätern verübten Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu, was immer mehr Menschen Angst macht. Der Vorfall in Solingen am 23. August 2024 zeigt beispielhaft das typische entsetzliche Geschehen: Ein mit einem Messer bewaffneter Mann verletzt und tötet mehrere Menschen auf einem Volksfest. Niemand greift ein, dem Täter gelingt die Flucht vom Tatort.  

Im Gegensatz dazu zeigt das Geschehen am 5. September 2024 in München beispielhaft, wie die Lösung des konkreten Problems aussieht: Der Schusswaffeneinsatz beendet den Anschlagsversuch, der Täter wird kampfunfähig gemacht (und im Münchner Fall dabei getötet).  

Es braucht zur Lösung des konkreten Problems, das zeigt München, keine Ausweitung von Polizeibefugnissen zur Überwachung und Kontrolle von Jedermann und Jederfrau. Die Lösung des konkreten Problems ist der wirkungsvolle Vollzug der bestehenden Polizeigesetze am richtigen Ort und zur richtigen Zeit. Erforderlich sind dafür gut ausgebildete und gut ausgestattete Polizeibeamte, die ihre bereits bestehenden Befugnisse im konkreten Einzelfall nutzen - nicht mehr und nicht weniger.  

Die Polizeien können nicht jederzeit an jedem Ort sein und sollen es auch nicht, weil die Bundesrepublik Deutschland kein totalitärer Polizeistaat, sondern ein demokratischer Rechtsstaat mit einer freiheitlichen Grundordnung ist, in dem die Freiheit der Bürger gewahrt bleibt. Neben der Notwendigkeit zu schnellem und beherztem Eingreifen der Polizei, wie es die Beamten in München beispielhaft vorgeführt haben, stellt sich deshalb in der aktuellen Situation die Frage nach den Möglichkeiten der Selbstverteidigung für Jedermann und Jederfrau. Die Schutzpflicht des Staates für das Leben (Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz) beinhaltet auch die Pflicht, die Gesetze so auszugestalten, dass dem Bürger die Wahrnehmung seiner (ebenfalls durch Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz geschützten) Notrechte (Notwehr, Nothilfe und Notstand) tatsächlich wirksam möglich bleibt. Selbstverständlich ist in der konkreten Gefahrensituation für den Einzelnen das Ausweichen vor dem Täter eine Möglichkeit. Auch wenn das Recht dem Unrecht nicht weichen muss, so ist Weglaufen auch oft die klügste Reaktion, um sich und andere zu schützen. Wenn aber ein Ausweichen nicht möglich ist, weil die konkrete Lage es nicht erlaubt oder es zur Preisgabe der zu schützende Rechtsgüter führen würde, und die Polizei auch noch nicht vor Ort ist, um die Gefahr abzuwehren, dann ist totale Wehr- und Hilflosigkeit keine Option, die der Staat dem Einzelnen aufzwingen darf.  

Neben der konkreten Gefahrenlage sind die Ursachen der zunehmenden Anzahl islamistischer Terrorangriffe zu bekämpfen. Die Analyse der Kausalkette kann den Umstand nicht übergehen, dass viele der Tatverdächtigen oder als Täter verurteilten Menschen keine deutschen Staatsbürger sind und in vielen Fällen noch nicht einmal zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sind. Auch an dieser Stelle ist deshalb der Vollzug bestehender Gesetze zu forcieren oder, wo sich die Rechtslage als ungeeignet erweist, sind Anpassungen vorzunehmen.  

Zu begrüßen ist deshalb der Ansatz in dem von den Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten „Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“, das Asyl- und Aufenthaltsrecht zu überprüfen und nötigenfalls Änderungen vorzunehmen. Als Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e. V. obliegt es uns nicht, konkrete Änderungsvorschläge zum Asyl-, Aufenthalts- und Asylbewerberleistungsgesetz zu kommentieren. Wir bestätigen aber ausdrücklich die Notwendigkeit der Frage nachzugehen, warum sich überhaupt so viele Menschen in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die zu islamistischen Terrorangriffen bereit sind oder solche begehen und wie sich die Ursachen dieser Situation beheben lassen.

Die Änderungsvorschläge hingegen, die in dem von den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung“ beinhaltet sind, haben mit der aktuellen Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland und konkret mit Vorfällen wie in Mannheim, Solingen und anderswo nichts zu tun. Die vorgeschlagene Erweiterung der Polizeibefugnisse, insbesondere zur automatisierten Bilderkennung und dem Abgleich von Bildern im Internet und besonders in den Sozialen Medien, richtet sich gegen jeden Bürger. Kriminellen, Terroristen, oder anderen Tätergruppen, die Strafen und den Tod nicht fürchten, ist das egal. Für die friedliche Allgemeinbevölkerung hingegen ergibt sich ein gravierender Freiheitsverlust.

Schließlich haben auch die Änderungsvorschläge zum Waffenrecht, die in dem von den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten „Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“ beinhaltet sind, nichts mit der aktuellen Sicherheitslage zu tun. Die Änderungsvorschläge sind ungeeignet, das konkrete Problem religiös oder politisch motivierter Attentate (mit Messern oder anderen Tatmitteln) zu beseitigen. Die vorgeschlagenen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Inhaber waffenrechtlicher und sprengstoffrechtlicher Erlaubnisse treffen nicht die Täter solcher Attentate, denn diese beantragen keine waffenrechtlichen Erlaubnisse. Die außerdem mit der Ausweitung der Waffen- und Messerverbote vorgeschlagenen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Allgemeinbevölkerung führen zu einer Kriminalisierung normalen Alltagsverhaltens zu Lasten der Bürger, werden aber die fanatischen Gewalttäter nicht abschrecken. Die Änderungsvorschläge zum Waffenrecht lehnen wir deshalb strikt ab. Wir kommentieren und begründen diese Novelle nachstehend im Einzelnen.