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30.08.2023

OVG Münster-Urteil: Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffenschrankschlüsseln

Schlüssel zu einem Waffenschrank sind in einem Behältnis aufzubewahren, das den Sicherheitsstandards zur Aufbewahrung der Waffen und Munition entspricht

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in Münster hat am 30.08.2023 geurteilt, dass ein Schlüssel zum Waffenschrank in einem Behältnis aufzubewahren ist, das seinerseits den gesetzlichen Sicherheitsstandards an die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition entspricht. Bisher gibt es nur eine Pressemeldung zum Urteil, die Begründung steht noch aus. Diese werden wir eingehend prüfen. 

In der Pressemeldung heißt es:

30.08.2023 - https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OVG%20Nordrhein-Westfalen&Datum=30.08.2023&Aktenzeichen=20%20A%202384%2F20 

Während einer einwöchigen Urlaubsabwesenheit wurde in das Wohnhaus des Klägers in Duisburg eingebrochen. Die Einbrecher entwendeten aus dem dortigen Waffenschrank, der unversehrt geblieben ist, zwei Kurzwaffen und diverse Munition. Der Waffenschrank entsprach dem gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandard für die Aufbewahrung von Waffen und Munition. Die Schlüssel zu diesem Schrank bewahrte der Kläger in derselben Wohnung in einem etwa 40 kg schweren, dick- und doppelwandigen Stahltresor mit Zahlenschoss auf. Dieser genügte allerdings nicht dem gesetzlichen Sicherheitsstandard für die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition. Daraufhin widerrief das Polizeipräsidium Duisburg die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers mit der Begründung, dieser habe Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahrt. Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Düsseldorf ab. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil war erfolgreich.

Zur Begründung seines Urteils hat der 20. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers liegen nicht vor. Der Kläger ist nicht waffenrechtlich unzuverlässig. Insbesondere liegen keine Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, er werde Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren.

Allerdings hat der Kläger in der Vergangenheit objektiv gegen die gesetzlichen Anforderungen an eine sorgfältige Aufbewahrung von Waffen und Munition verstoßen, indem er die Schlüssel zum Waffenschrank in einem Tresor mit einem unzureichenden Sicherheitsstandard aufbewahrt hat. Denn die Schlüssel zu einem Waffenschrank sind in einem Behältnis aufzubewahren, das seinerseits den gesetzlichen Sicherheitsstandards an die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition entspricht. Dem genügte der Tresor des Klägers nicht.

Dieser objektive Sorgfaltsverstoß rechtfertigt eine Unzuverlässigkeitsprognose jedoch ausnahmsweise nicht, weil er dem Kläger in subjektiver Hinsicht nicht als im besonderen Maße schwerwiegend vorzuwerfen ist. Einem juristischen Laien ‑ wie dem Kläger ‑ musste es sich nicht aufdrängen, dass die Waffenschrankschlüssel demjenigen gesetzlichen Sicherheitsstandard entsprechend aufzubewahren sind, der für die Aufbewahrung der Waffen und Munition gilt. Die Aufbewahrung von Waffen und Munition in Behältnissen, die mittels Schlüssel zu verschließen sind, ist gesetzlich zulässig. Konkretere gesetzliche Vorgaben, wie der Schlüssel zu einem solchen Behältnis aufzubewahren ist, fehlen jedoch, obwohl es lebensfremd ist, dass ein Waffenbesitzer stets die tatsächliche Gewalt über die Schlüssel ausüben kann. Ebenso wenig gibt es bis zum heute verkündeten Urteil des Senats entsprechende Vorgaben der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, an denen sich Waffenbesitzer orientieren könnten und müssten. Der Kläger hat im Übrigen auch nicht etwa einfachste Maßnahmen unterlassen, um eine Ansichnahme der Waffenschrankschlüssel durch unbefugte Dritte zu verhindern, sondern mit deren Aufbewahrung in dem in Rede stehenden Stahltresor jedenfalls Vorkehrungen getroffen, die geeignet gewesen sind, einen Zugriff durch unbefugte Dritte zu verhindern, jedenfalls nicht unerheblich zu erschweren. Nach alledem ist auch ein gröblicher Verstoß gegen waffengesetzliche Bestimmungen nicht anzunehmen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 20 A 2384/20 (I. Instanz: VG Düsseldorf ­- 22 K 3002/19 -)


Gemeinsam mit dem Forum Waffenrecht kritisieren wir die Entscheidung als zu weitgehend. Andere Verwaltungsgerichte hatten ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber eine gewisse Unsicherheit akzeptiere (VG Bayreuth, Urteil vom 30.10.2015, Az. B 1 K 15.345) oder dass die Aufbewahrung in einer stabilen aber nicht klassifizierten Geldkassette an einem anderen Ort im Haus ausreichend sei (VG Köln, Urteil vom 21.2.2019, Az. 20 K 8077/17). Als unzulässig angesehen wurde dagegen die Aufbewahrung an einer Schraube unter dem Waschbecken in der Gästetoilette (VGH München, Beschluss vom 25.5.2021 Az. 24 ZB 21.943, 24 ZB 21.946 u. 24 ZB 21.947) oder unbeaufsichtigt an einem Schlüsselbund im häuslichen Büro (VG Bayreuth, Urteil vom 30.10.2015, Az. B 1 K 15.345). 

Dennoch sind Sie immer auf der sicheren Seite, wenn Sie die Vorgaben des OVG Münster beachten. Eine solche Aufbewahrung ist zwar gesetzlich aus unserer Sicht nicht zwingend vorgeschrieben, aber empfehlenswert – zumal sich Gerichte und Behörden künftig sicherlich verstärkt darauf berufen werden. Die Anforderungen an die Aufbewahrung sind hoch - es muss praktisch ausgeschlossen sein, dass jemand unbefugtes die tatsächliche Gewalt über den Schlüssel erlangt.

Das OVG erachtet es in seiner Entscheidung als lebensfremd, permanent den Waffenschrankschlüssel in persönlicher Obhut zu behalten. Dies macht das Beisichtragen des Schlüssels aber nicht unzulässig. Hier ist es Sache der Behörde, nachzuweisen, dass die Schlüssel nicht ausreichend gesichert waren. Aber auch hier sollten Sie gewarnt sein, dass auch hier Probleme zu ihren Lasten gehen können.
 

Ihre Einschätzung bitte: Umfrage zur Art der Aufbewahrung

Vor dem Hintergrund des Gerichtsurteils zur Verwahrung von Waffenschrankschlüsseln wollen wir uns einen Überblick verschaffen, wie die aktuelle Situation in diesem Bereich hinsichtlich der verwendeten Schränke und Schließmechanismen aussieht. 
 
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