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25.07.2024

Ohne Schießstätten kein Schießsport und keine waidgerechte Jagd!

Rechtsanwältin Nina Naske erläutert die Rahmenbedingungen für Schießstätten in Deutschland

Noch hat Deutschland erfreulich viele Schießstätten, aber es werden laufend weniger. Wie gelingt es, trotz Nachbarstreit und Behördenbeteiligung den Schießbetrieb zu sichern? Die Rechtsanwältin Nina Naske erläutert die wichtigsten Grundsätze.


Die Autorin Nina Naske auf der Schießstätte. Die waidgerechte Jagd erfordert die Übung beim Schießen (Foto: © Nina Naske).

Für Sportschützen ist die Schießstätte der einzig mögliche Ort für das Schießtraining. Für Jäger ist die Übung auf dem Stand wesentliche Voraussetzung waidgerechter Jagd. In manchen Nachbarstaaten wie Finnland, Polen oder Österreich werden Schießstätten sogar als Ort der Übung für die Selbstverteidigung verstanden, wenngleich das in Deutschland nicht so ist. Klar ist jedenfalls auch hierzulande: ohne Schießstätten geht es nicht. 

Auf der Schießstätte bedarf es keiner Schießerlaubnis

Auf der Schießstätte trainieren die Sportschützen, dort werden die Jäger ausgebildet und halten sich in Übung und darf jeder andere Erwachsene schießen, der zum Erwerb und Besitz einer Waffe berechtigt ist – auf der Schießstätte darf geschossen werden, oder im besten Behördendeutsch: Der Erlaubnis zum Schießen mit einer Schusswaffe bedarf nach § 12 Absatz 4 des deutschen Waffengesetzes nicht, wer auf einer Schießstätte nach § 27 des Waffengesetzes schießt. 

Bei einer Schießstätte handelt es sich nach der in § 27 WaffG beinhalteten Begriffsbestimmung um 

„eine ortsfeste Anlage oder eine ortsveränderliche Anlage, die ausschließlich oder neben anderen Zwecken dem Schießsport oder sonstigen Schießsportübungen mit Schusswaffen, der Erprobung von Schusswaffen oder dem Schießen mit Schusswaffen zur Belustigung dient (Schießstätte)[.]“

Bild von Andreas auf Pixabay

Wer allerdings eine Schießstätte betreiben oder in ihrer Beschaffenheit oder in der Art ihrer Benutzung wesentlich ändern will, bedarf nach § 27 Absatz 1 Satz 1 WaffG der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Diese Erlaubnis wiederum darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG und persönliche Eignung nach § 6 WaffG besitzt und eine im Umfang genauer bezeichnete Versicherung gegen Haftpflicht für aus dem Betrieb der Schießstätte resultierende Schädigungen unterhält. 

Die waffenrechtliche Erlaubnis nach § 27 WaffG hat weitere Voraussetzungen. Sobald sie erteilt ist, legt sie die Art und den Umfang des Schießbetriebs und weitere Betriebsbedingungen fest. Die waffenrechtliche Erlaubnis ist aber bei weitem nicht die einzige Genehmigung, die erforderlich ist. Hinzu kommen Immissionsschutzrecht, Baurecht und oft noch weitere umweltrechtliche Anforderungen.

Die waffenrechtliche Erlaubnis nach § 27 WaffG

Vor ihrer ersten Inbetriebnahme, bei wesentlichen Änderungen und bei Schießstätten, auf denen mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen geschossen wird, auch regelmäßig alle vier Jahre muss die Schießstätte gemäß § 27a WaffG hinsichtlich der „sicherheitstechnischen Anforderungen“ durch die zuständige Behörde unter Hinzuziehung eines anerkannten Schießstandsachverständigen überprüft werden. 

Entscheidend kommt es dabei auf die Einhaltung der „Richtlinien für die Errichtung, die Abnahme und das Betreiben von Schießständen“ an, das sind die sogenannten Schießstandrichtlinien. Nach § 27a Absatz 3 des deutschen Waffengesetzes werden diese vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat als dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechende Regeln erstellt. Dabei muss das Innenministerium zuvor Vertreter der Wissenschaft, der Betroffenen und der für das Waffenrecht zuständigen obersten Landesbehörden anhören. 

Der Katalog der Anforderungen, die sich aus den Schießstandrichtlinien ergeben, ist lang und ist über die Jahre auch immer aufwendiger geworden. Auf mehr als 100 Seiten werden vom Geschossfang über die Seitenblenden und deren Ausmaße bis hin zum Baumaterial zahlreiche Einzelheiten für geschlossene und offene Schießstände vorgegeben und auch in Abhängigkeit der eingesetzten Waffen unterschiedlich geregelt. Freilich, noch gibt es trotz dieser Detailverliebtheit auch die traditionellen Schießstätten mit Erdwällen als Seitenblende und einem von Betonwänden umgebenen Sandhaufen als Kugelfang. Für neu errichtete Schießstätten sieht es aber oft schon anders aus. 

Bürokratische Hürden kommen nicht (nur) aus dem Waffenrecht

Doch die Schwierigkeit, einen neuen Schießstand genehmigt zu bekommen, ist in vielen Fällen gar nicht eine Folge der waffenrechtlichen Anforderungen. Die Schießstandrichtlinien ermöglichen auch den Schießbetrieb unter freiem Himmel, wenn die Außenanlage ausreichenden Schutz für das Umfeld bietet. Stattdessen sind es die sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben, die sich querstellen können.

Notwendig ist für viele Schießstätten außerhalb geschlossener Räume zunächst die Genehmigung nach § 4 des deutschen Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BimSchG). Danach bedürfen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder die Allgemeinheit zu gefährden, einer Genehmigung. Zu diesen Anlagen gehören sämtliche Anlagen, die entsprechend im Anhang der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) aufgelistet sind. Für Schießstätten gilt die Nummer 10.18 des Anhanges der 4. BimSchV. Der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen danach 

„Schießstände für Handfeuerwaffen, ausgenommen solche in geschlossenen Räumen und solche für Schusswaffen bis zu einem Kaliber von 5,6 mm lfB (.22 l.r.) für Munition mit Randfeuerzündung, wenn die Mündungsenergie der Geschosse höchstens 200 Joule (J) beträgt, (Kleinkaliberwaffen) und Schießplätze, ausgenommen solche für Kleinkaliberwaffen.“

Praktisch gesehen erfordert die Genehmigung nach § 4 BimSchG vor allem die Einhaltung der sogenannten „TA Lärm”, also der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, mit den dort aufgeführten Grenzwerten für Geräusche. 

Schießstätten besser außerhalb von Ortschaften?

Die immissionschutzrechtliche Genehmigung hat den Vorteil, das sie grundsätzlich „andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen” einschließt und auch das Genehmigungsverfahren bündelt. Es muss also für solche Schießstätten, die einer immissionschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, nicht noch extra bei einer anderen Behörde eine Baugenehmigung beantragt werden und so weiter. Allerdings sind nicht alle Genehmigungen erfasst, insbesondere nicht wasserrechtliche Erlaubnisse, was im Außenbereich (d.h. außerhalb von Orten) bedeutsam werden kann.


Bild von Martin Redlin auf Pixabay


Aber auch Schießstätten in geschlossenen Räumen, die nicht nach § 4 BImschG genehmigungsbedürftig sind, müssen als Teil der baurechtlichen Voraussetzungen die Lärmschutzanforderungen der TA Lärm einhalten. Geprüft wird dies immer im Rahmen des Bauantrags. Eine Baugenehmigung ist sowohl für die Errichtung einer neuen Schießstätte als auch für die wesentliche Änderung einer bestehenden Schießsstätte erforderlich. Geprüft werden dabei das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht, also die Fragen, wo und an welchem Ort welche Bauten errichtet werden dürfen (Bauplanungsrecht) und wie genau die Bauten ausgestaltet werden müssen (Bauordnungsrecht). Die Kriterien reichen deshalb von Ausmaß und äußerem Erscheinungsbild des Gebäudes bis hin zu dessen Innenraum oder auch Zusatzanforderungen wie der Anzahl von Toiletten oder Parkplätzen. 

Natürlich lassen sich die baurechtlichen Anforderungen in vielen Fällen meistern. Beispielhaft zeigt etwa ein Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21.12.2007 (ECLI:DE:OVGNI:2007:1221.12ME299.07.0A), dass sich gerade die Grenzwerte des Lärmschutzes auch innerhalb von Ortschaften einhalten lassen, jedenfalls soweit es sich um ein Misch- oder Dorfgebiet handelt – womöglich aber nur, wenn in der Erlaubnis für die Schießstätte auch Betriebszeiten und noch dazu „Maximalschusszahlen” während dieser Betriebszeiten vorgegeben werden. 

Solche Einschränkungen sprechen aber zunächst dafür, die Schießstätte lieber möglichst weit nach draußen in Feld und Flur einzurichten. Der Schießstand unter freiem Himmel ist auch oft viel schöner und abwechslungsreicher. Doch im Außenbereich darf grundsätzlich nicht gebaut werden, es sei denn, es handelt sich um „privilegierte” Bauvorhaben (§ 35 des deutschen Baugesetzbuchs). Schießplätze und Schießstände können nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur im Einzelfall im Außenbereich privilegiert sein, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere kann es dabei eine Rolle spielen, dass die Schießstätte für das Schießtraining von Jägern ausgelegt ist, aber selbst dann gibt es keine „automatische” Berechtigung für den Außenbereich (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.05.2012, ECLI:DE:BverwG:2012:090512B4B10.12.0). 

Zudem können Belange des Naturschutzes, des Artenschutzes, des Wasserrechts oder ähnliche Vorgaben des Umweltrechts gerade gegen die Errichtung einer Schießstätte im Außenbereich zu Felde geführt werden. Umso wichtiger ist es, bestehende Schießstätten außerhalb von Ortschaften fortlaufend in Betrieb zu halten. Der Bestandsschutz kann manches ermöglichen, was anderenfalls nur mit sehr viel Zusatzaufwand erreicht werden könnte. 

Bürokratieabbau wäre dringend nötig

Genau wie für viele andere Lebensbereiche wäre in Deutschland aber ein Abbau der Bürokratie auch mit Blick auf die Schießstätten dringend erforderlich. Anderenfalls können sich im Einzelfall noch überraschende Hürden ergeben. Ein gutes Beispiel ist auch das Denkmalschutzrecht: Das Verwaltungsgericht Minden hat entschieden, dass die „Erforschung der vor- und frühstädtischen Siedlungsstrukturen vom 9. bis zum 13. Jahrhundert in Westfalen und im zentraleuropäischen Raum” so bedeutsam ist, dass deshalb die Erweiterung einer Schießstätte verboten werden musste, die sich auf eine als Bodendenkmal geschützte Wüstung angeblich ausgewirkt hätte (Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 15.05.2018, Az. 1 K 2562/17 https://openjur.de/u/2144528.html (https://oj.is/2144528)). 


Bild von AntoineLanz auf Pixabay

Insgesamt stellen sich mehr Hürden als nötig. Klar ist, dass eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 27 WaffG erforderlich ist, und deren Voraussetzungen sind in § 27a WaffG und den Schießstandrichtlinien noch einigermaßen nachvollziehbar benannt. Doch daneben kann es je nach Einzelfall sehr unterschiedlich aussehen. Die Schießsstätte außerhalb geschlossener Räume bedarf der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die das Baurecht, das Naturschutzrecht und vieles mehr einschließt, aber nicht das Wasserrecht. Doch außerhalb geschlossener Räume wird es wegen des Lärmschutzes meist nur gehen, wenn die Schießsstätte im Außenbereich (außerhalb des Ortes) errichtet wird, was wiederum wegen § 35 BauGB nur in Ausnahmefällen erlaubt ist. Zudem können sich gerade aus dem Umweltrecht (Naturschutz, Artenschutz, Wasserschutz und so weiter) vielfältige Hürden ergeben. Die Schießstätte in geschlossenen Räumen bedarf jedenfalls der baurechtlichen Genehmigung, deren Anforderungen (behindertengerecht, mit Solar auf dem Dach, Toiletten, Parkplätze, und so weiter) jedoch den Bau schnell sehr teuer werden lassen können. Der Lärmschutz für die Nachbarn dürfte dabei noch die geringste Sorge sein. 

Schnell wird deshalb verständlich, warum die Schießstätten einst so zahlreich über das Land verteilt waren und gegenwärtig doch immer seltener werden. Neue Schießstätten zu errichten ist in vielen Fällen zu aufwendig: zu viel Zeit, zu viel Know-How und zu viel Geld wären erforderlich, als dass der Schießsportverein sich noch das eigene Schützenhaus neu bauen könnte. Die alten Schießstätten weiter zu betreiben, erfordert den kontinuierlichen Betrieb und die Aufrechterhaltung der Einrichtungen. Möglich ist dies, doch gegen den Widerstand von Nachbarn und Behörden, die den Schießsport und die Jagd ablehnen, ist selbst das Betreiben der bestehenden Einrichtungen angesichts der Rechtslage häufig mühsam. 

Richtig wäre es, die öffentlich-rechtlichen Anforderungen zu bündeln: Die Schießstätte sollte (nur) der waffenrechtlichen Erlaubnis bedürfen und es sollte für die Erteilung dieser Erlaubnis allein auf den Schutz des Umfelds vor dem Geschoß ankommen. Die Schießstätte wäre für den Außenbereich zu privilegieren. Wenn der Gesetzgeber diese zwei Punkte angemessen umsetzen würde, dann wären zwar längst nicht alle Hürden beseitigt, aber könnten wohl doch auch in Deutschland wieder Schießstätten wie in Finnland, Österreich, Polen oder sogar nach dem Vorbild der Ranges in Texas oder Florida errichtet oder bestehende Schießstätten mit weniger Mühe aufrechterhalten oder ausgeweitet werden.









Unsere Gastautorin Nina Naske (Foto: © Nina Naske) ist deutsche Rechtsanwältin für Unternehmen unter anderem aus den Bereichen Luftfahrt und Verteidigung, Bergbau und Energie. Sie ist Jägerin und interessiert sich auch für den Schießsport.